Barrieren auf Reisen – wie du dich gut auf sie vorbereitest und sie minimieren kannst

Urlaub ist die schönste Zeit im Jahr! Doch für Menschen mit Behinderung gilt es oft, einige organisatorische, finanzielle, bauliche und auch mentale Barrieren zu überwinden, bevor eine entspannte Woche am Strand, eine aufregende Sightseeing-Tour oder eine erholsame Zeit in der Natur wirklich zur Realität werden können. Damit die Planung deines Urlaubs für dich entspannter wird und du nicht in eine Falle tappst, wollen wir dich im Folgenden auf fünf typische Barrieren aufmerksam machen und dir zeigen, wie du sie am besten umgehen kannst. Bereit?

Bevor es losgeht, noch ein kleiner Hinweis: Es wird versucht, in diesem Artikel auf möglichst viele Barrieren und Arten der Behinderung einzugehen und Rücksicht zu nehmen. Allerdings wird der Artikel aus der Sicht einer Rollstuhlfahrerin geschrieben, weswegen sich die meisten Barrieren höchstwahrscheinlich erst einmal auf Mobilitätseinschränkungen beziehen werden.

 

  1. Wie du kinderleicht eine barrierefreie Unterkunft findest #

Barrierefreie Zimmer sind in jedem Hotel ganz anders ausgelegt und oft weiß man vorher nicht zu 100 %, was man bekommt. Es hilft jedoch, bei der Buchung eines barrierefreien Zimmers vorher in der entsprechenden Unterkunft anzufragen und um Bilder des Zimmers zu bitten. Hotelketten wie Motel One oder Holiday Inn bieten europaweit oft ganz gute barrierefreie Standards. Es gibt aber auch Inklusionshotels wie das Seehotel Rheinsberg, das Philippus Hotel Leipzig oder das Mar y Sol Hotel Teneriffa, die direkt auf Menschen mit verschiedenen Behinderungen eingestellt sind. Diese Aufzählung ist selbstverständlich unvollständig und basiert nur auf meinen Erfahrungen. Diese Hotels sind leider oft etwas preisintensiver und teilweise außerhalb des Stadtzentrums, jedoch kann man sich auf ein gut ausgestattetes Zimmer und eine gute Versorgung mit Verpflegung, Ärzt*innen und anderen spezialisierten Angeboten verlassen.

 

  1. Voll abgefahren!? – Öffentliche Verkehrsmittel klug nutzen #

Öffentliche Verkehrsmittel spielen fast auf jeder Reise eine Rolle, wenn man nicht gerade einen Mietwagen gebucht hat. Dabei gibt es einiges zu beachten.

Als erstes ganz wichtig: Wer ein sogenanntes Beiblatt zum Behindertenausweis hat, kann Bus, Bahn und Regionalzug in Deutschland kostenlos benutzen und sogar eine Begleitperson mitnehmen! Jedoch gilt der deutsche Behindertenausweis nicht zwingend im Ausland. Meist ist in anderen Ländern entweder der Mensch mit Behinderung oder die Begleitperson kostenlos, manchmal auch beide. Das sollte man vor dem Urlaub in dem entsprechenden Land überprüfen. Im Folgenden beschreibe ich die Nutzung der Verkehrsmittel in Deutschland und gehe am Ende auch noch einmal darauf ein, was beim Fliegen mit dem Rollstuhl beachtet werden sollte.

S-Bahn und U-Bahn: In die S-Bahn oder U-Bahn einzusteigen ist mit dem Aktivrollstuhl meistens selbstständig bzw. mit einer Begleitperson möglich, da hier nur ein kleiner oder gar kein Spalt zwischen Bahn und Bahnsteig ist. Sollte das mal nicht so sein, gibt es hier eine Rampe, die Fahrer*innen nach einem Handzeichen ausklappen. Gerade mit dem E-Rollstuhl ist es besser, die Rampe immer auszuklappen. Es hilft außerdem, vorne einzusteigen, falls doch einmal Hilfe notwendig ist. S-Bahnen und U-Bahnen sind in Großstädten oft gut ausgebaut. Jedoch gibt es nach wie vor einige Stationen bei S-Bahnen und U-Bahnen, die noch nicht barrierefrei umgebaut sind und über keinen Fahrstuhl verfügen. Meist kann man das auf den Internetseiten der Bahnhöfe oder in einer entsprechenden Verkehrs-App herausfinden.

Straßenbahn: Dieses Verkehrsmittel würde ich nach Möglichkeit nur mit Rampe benutzen, da der Ein-und Ausstieg, aufgrund der großen Abstände zwischen Bahn und Bahnsteig, alleine unheimlich schwer ist. In manchen Städten gibt es auch noch alte Bahnen, die gar nicht genutzt werden können.

Zug: Eine Hilfestellung beim Ein-und Ausstieg im Zug ist in Deutschland in Form von Personal unter folgender Nummer (030 652 128 88) oder unter dem Online-Formular https://msz-bahn.de/ anzumelden. Hier kannst du auch angeben, ob du mit Gepäck oder Begleitperson reist. Fahrkarten für den IC oder ICE kannst du telefonisch, mit der Hilfe zusammen, oder auch in der DB Navigator App buchen. Die Fahrkarten solltest du allerdings erst buchen, wenn die Hilfeleistung bestätigt wurde. Alle wichtigen Daten werden dann nochmal zusammengefasst per Mail gesendet.

Ich persönlich habe mit dieser Art der Fortbewegung schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Allerdings sind einige Bahnhöfe einfach noch nicht barrierefrei, was die Sache in manchen Regionen Deutschlands erschwert. Wenn du eine Zugverbindung im Netz raussuchst, dann musst du darauf achten, dass mindestens 12 Minuten Umsteigezeit zwischen zwei Zügen liegt. Das ist Vorschrift und Voraussetzung für die Hilfeleistung!

Flugzeug: Das Flugzeug gilt, laut Statistik, als sicherstes Verkehrsmittel! Und auch für Menschen mit Behinderung ist fliegen sehr komfortabel, sicher und zuverlässig. Eine Hilfestellung buchst du ganz einfach und kostenlos zum Flug dazu.

Hierbei gibt es mehrere Kategorien:

  1. Hilfe zum Flugzeug, selbstständiges Treppensteigen
  2. Hilfe bis zur Flugzeugtür, kann zum Sitzplatz gehen
  3. Hilfe bis zum Sitzplatz
  4. Passagier ist sehbehindert/blind

Vom Schalter für Menschen mit Hilfebedarf aus unterstützt eine Person durch die Sicherheitskontrollen bis zum Gate. Wenn nötig, wirst du mit einem schmalen Stuhl durch die Sitzreihen des Flugzeugs bis zu deinem Platz gebracht und auch auf den richtigen Sitz gesetzt.  

In der Hilfe mit inbegriffen ist natürlich auch das ordnungsgemäße Verladen von Rollstuhl oder anderen Hilfsmitteln und Gepäck. Die Art des Rollstuhls, Gewicht und genaue Abmessungen müssen vorher bei der Flugbuchung angegeben werden. Laut Gesetz darf ein Hilfsmittel pro Flug mitgenommen werden, manche Airlines nehmen auch mehrere Hilfsmittel mit.

 

  1. (Barrierefreie) Toiletten gehen auch unterwegs #

Fehlende rollstuhlgerechte Toiletten unterwegs sind ein echtes Problem. Großstädte sind jedoch europaweit mittlerweile ganz gut mit sauberen, barrierefreien Toiletten ausgestattet. Hilfreich ist es, bei großen Ketten wie z.B. Starbucks, McDonalds nach einer rollstuhlgerechten Toilette zu fragen. Auf Raststätten gibt es oft Sanifair, die auch gute barrierefreie Toiletten bieten. Die haben, meiner Erfahrung nach, zumindest in Europa und Asien, oft sehr gute Standards. In großen Shoppingcentern oder bei Hotelketten ist oft auch mit guten Toiletten zu rechnen. Mittlerweile gibt es aber auch einige öffentliche Toiletten (Citytoiletten), die mit dem Aktivrollstuhl gut benutzt werden können. Mit dem E-Rollstuhl kann es dann manchmal doch ganz schön eng werden. Es ist sehr ratsam, einen sogenannten Euroschlüssel zu erwerben. Mit dem kann man europaweit fast alle öffentlichen Rollstuhltoiletten öffnen. Er kann nach Vorlage des Behindertenausweises hier bestellt werden: https://shop.cbf-da.de In der App „Wheelmap“ sind rollstuhlgerechte Toiletten auch verzeichnet.

 

  1. Freizeit individuell gestalten #

Prinzipiell sollten alle Menschen ihre Freizeit mit den Sachen verbringen, auf die sie besonders Lust haben. Auch mit Behinderung ist viel mehr möglich, als man im ersten Moment vielleicht denkt. In den letzten Jahren hat sich in diesem Bereich tatsächlich einiges getan. Das Einsteigen in Sightseeing-Busse stellt in den meisten Ländern kein Problem mehr dar, Baumwipfelpfade und Nationalparks haben mittlerweile fast immer einen barrierefreien Weg. Kinos und Shoppingcenter sind mit dem Rollstuhl oft problemlos nutzbar und machen Spaß. In Großstädten ist die Chance größer, viele barrierefreie Angebote zu finden. Es ist auch immer ratsam, sich auf der Internetseite der jeweiligen Stadt zu informieren oder bei Apps wie „GetyourGuide“. Es ist natürlich auch eine Möglichkeit, in der Touristeninformation anzufragen. Zu vielen Städten gibt es online auch Blogartikel, die von Menschen mit Behinderung geschrieben wurden. In Städten und Ländern, in denen die Infrastruktur noch nicht so gut ausgebaut ist, ist es notwendig, erfinderisch zu werden. Wo ein Wille ist, ist meist auch ein Weg!

 

  1. Was kostet die Welt!? #

Reisen mit Assistenzpersonen ist teuer, muss die Anfahrt, die Unterkunft, die Freizeitaktivitäten und noch der Lohn selbst für diese Person bezahlt werden. Viele Menschen mit Behinderung können sich das oft nicht ohne fremde Hilfe leisten. Es gibt hier zum einen die Möglichkeit, bei der Eingliederungshilfe (meist dem Sozialamt), Reisekostenerstattung für eine bestehende Assistenz bzw. eine Urlaubsassistenz zu beantragen, jedoch dauert das alles sehr lange, kann nervenaufreibend sein und ist nicht zwingend von Erfolg gekrönt. Außerdem ist es eine Möglichkeit, Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege oder zusätzliche Betreuungsleistungen bei der Krankenkasse zu beantragen. Dem Personenkreis, der in einer Wohnform der Eingliederungshilfe lebt, steht dieses Geld jedoch nicht zu. An diesen Menschen richtet sich die „Initiative Urlaubsträume erfüllen“, die vom Freizeit ohne Barrieren e.V. ins Leben gerufen wurde. Menschen mit Behinderung können hier einen Antrag auf Reiseförderung stellen. Dieser Antrag wird von einem unabhängigen Gremium überprüft und entschieden. Hier geht es zur „Initiative Urlaubsträume erfüllen“: https://www.fob-paderborn.de/ueber-uns/projekte/initiative-urlaubstraeume-erfuellen/

 

Wer es unkompliziert mag: Bei YAT Reisen ist die Assistenz direkt mit drin!   

 

Zugegebenermaßen gibt es als Mensch mit Behinderung auf den Weg in einen tollen Urlaub viel zu beachten und einige Barrieren zu überwinden. Doch es muss nicht immer alles kompliziert sein. Viele Lösungen sind nahelegend. Es wird dich mit viel stolz erfüllen, wenn du die Barrieren in deinem persönlichen Urlaub gut gemeistert hast. Ein Urlaub mit Behinderung ist auch immer ein Abenteuer. Also, begib dich in dein Abenteuer und schau dir die Welt an – sie ist wunderschön!

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